Sorry, this will be a german post: Familienfeste – wer liebt sie nicht?! Was jedoch spannend ist, ist meistens der Schnitt quer durch die Gesellschaft den man hier trifft: den wohlhabende Onkel, den Angestellte Cousin, die Hausfrau, den Lehrer, den Versandleiter. Und weil man sich ja kennt und liebt erzählt man aus seinem Leben – die einen offener, die anderen verschlossener. In den letzten 2 Jahren beobachte ich auf diesen Festen einen komischen Trend – egal wer, egal welche Schicht oder Arbeit, meckert mehr. Es wird gejammert, und das immer schlimmer. Arbeit und Politik, Politik und Arbeit – die Themen sind fast immer die gleichen. Jedoch bei aller Jammerei stelle ich interessantes fest: die Menschen wollen etwas tun. Nehme ich meine und die Familie meiner Freundin als Querschnitt durch die deutsche Gesellschaft, was es sicherlich nicht nicht 100%ig ist, stoße ich auf die Bereitschaft zu helfen. Die Deutschen wollen zupacken, sind auch bereit zu teilen und abzugeben. Die Raffgier, die uns vorgelebt wird und die durch die Medien die Runde macht, kann ich eigentlich an keiner Stelle finden. Ich bin mir sicher, das hat historische Gründe: die Deutschen haben, bei all Ihrer Machenschaften im 20 Jahrhundert, wohl eines gelernt: ohne einen sozialen Zusammenhalt bricht ein Volk auseinander. Lösen sich Parlamente immer wieder selber auf und gibt es kein Vertrauen in den Nachbarn, wird ein Staat unregierbar und fällt in eine Krise. Das Wirtschaftswunder zeigte eine gegenteilige Entwicklung. In tausenden nicht beachteten Gemeinden und Vereinen passierte und passiert unglaubliches: das Ehrenamt. Menschen wollen etwas tun – ohne dafür bezahlt zu werden. Sie räumen Wälder auf, leiten Sportvereine, engagieren sich im Umweltschutz. So war es bisher, doch wie sieht es in unserer Generation aus? Meine Altersgenossen, die Mittzwanziger, scheinen nicht mehr so aktiv, wie es unsere Eltern waren. Keiner meiner Freunde betätigt sich irgendwo ehrenamtlich – ich habe zwar lange nach meinem Zivildienst in einer Behinderteneinrichtung dort noch freiwillig geholfen – doch inzwischen habe auch ich dafür keine Zeit mehr. Wie sollen wir das denn unseren Kindern vorleben, dass Gesellschaft nur funktioniert, wenn die Einzelnen zusammenhalten und man auch manchmal etwas, wenn auch nur vordergründig, umsonst macht? Warum hat der Partnerschaftsverein, der die Völkerverständigung zwischen Frankreich und Deutschland über Jahre mit Jugendaustausch etc. unterstützt hat, auf einmal keinen Nachwuchs mehr? Es scheint mir, dass die deutsche Hilfsbereitschaft ein Relikt des 20. Jahrhunderts ist und vorwiegend von unseren Eltern gepflegt wurde. Oder nicht? Gibt es Gegenbeispiele? Die Frage stellt sich also, was können wir von unseren Eltern lernen und welche Verantwortung tragen wir für unsere Kinder. Vielleicht sollten wir anfangen die richtigen Fragen zu stellen, anstatt schon immer da gewesenes nur in eine neue Verpackung zu stecken und unseren Mitmenschen als Innovation zu verkaufen. Da wäre zum Beispiel die geförderte betriebliche Altersvorsorge – ein Produkt der letzten Bundesregierung? Mitnichten. Ich habe gestern, zu meinem großen Erstaunen und Begeisterung, einen älteren Herren am Mittagstisch kennen gelernt, der früher bei Henkell (der Sektkellerei aus Wiesbaden) gearbeitet hat. Henkell ist ein traditionsreiches, früher Inhabergeführtes mittelständisches Unternehmen und gehört jetzt zum Oetker Konzern. In den knapp 30 Jahren seiner Betriebszugehörigkeit hat er im Schnitt 13-14 Stunden am Tag gearbeitet. Er war Versandleiter und hat seinen Job geliebt. Das Arbeitsklima war seiner Erzählung nach immer wunderbar, auch wenn es mal Zeiten gab, in denen Henkell schlechte Zahlen schrieb. Diese Entwicklungen haben die Mitarbeiter jedoch eher motiviert noch eine „Schippe draufzulegen“. Auf meine Frage ob denn alle seine Überstunden bezahlt worden oder mit Urlaub verrechnet worden seien, erzählte er mir von der betrieblichen Rentenkasse, die Henkell seinen Mitarbeitern eingeräumt hatte. In den 30 Jahren wurde jede Überstunde dort eingezahlt und steuert jetzt einen beträchtlichen Teil seiner Rente bei. Ein Modell das funktioniert – ist aber offensichtlich nichts neues. Worum also geht es, was sind die Fragen die gestellt werden sollen? Wie kann ein Miteinander gefördert und geschaffen werden? Das funktioniert nur wenn alle profitieren. Das Beispiel Henkell zeugt von einem Wandel einer „Shareholder Value“ zu einer „Shareholder Responsibillity“ Sicht. das Unternehmen investiert in seine Arbeitnehmer und bekommt einen geldwerten Vorteil zurück – alle Seiten profitieren. Einer solchen Weitsicht und Investition kann auch der oft zitierte globale Wettbewerb nichts anhaben. Treue und Identifikation sowie Motivation sind Qualitäten, die deutschen Unternehmen Wettbewerbsvorteile sichern. Nimmt man den Menschen jedoch diese Grundlagen wird ein Land träge, raffgierig und zerfällt schließlich. Menschen sind bereit zu verzichten wenn es ein Ziel gibt, doch sie müssen sich darauf verlassen können. Jeder kann anfangen und jeder wird profitieren. Sei es nur in kleinem Maße, in der Gesamtheit wird es spürbare Effekte haben. Warum muss uns ein bescheuertes Marketing sagen dass wir Bier saufen sollen um Bolzplätze zu erhalten – das können wir selber – ein wenig Eigenverantwortung und Engagement reicht. Ich fange gleich heute an: es gibt eine Internetseite für einen kolumbianischen Verein zu bauen, der sich um Straßenkinder kümmert. Wir werden sicherlich mit gojou nichts großartiges bauen, aber es wird die Arbeit dieser wunderbaren Menschen ein wenig mehr ins Rampenlicht der Öffentlichkeit rücken und ich bin mir sicher, die Hilfsbereitschaft der deutschen wird den Kindern helfen. Was machst Du heute….?
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